Bericht und Fotos von William R. Mohler III, Florida/U.S.

William R. Mohler studiert Ökologie und Biologie an der Florida Atlantic Universität und arbeitet daneben noch für das Ökologie Labor der Universität von Florida. Die gegenwärtigen Forschungen haben die Hydrologie der so genannten Bauminseln in den Wasserschutzgebieten der Everglades zum Gegenstand. Ferner arbeitet W. Mohler an einer ökologischen Untersuchung der dortigen invasiven Pflanzenarten mit.

Reptilien sind seit langem sein großes Hobby, genauso wie das Durchstreifen der Everglades. Besuchen Sie auch das Netztagebuch von W. R. Mohler: www.keepinitdirty.blogspot.com

Bei Tagesanbruch startete unser Forschungsteam die systematische Begehung einer jener Erhebungen in den Florida Everglades, die gemeinhin als "Bauminseln" bekannt sind. Wir befanden uns dabei im Wasserschutzgebiet in der Nähe von Tamiami Trail in Miami, Florida.

Die Bauminsel war etwa 8000 qm gross, hatte aber im Gegensatz zu anderen in den Everglades keine trockenen Flächen. Unser Hauptziel war es, exotische Spezies von Kletterfarnen zu finden, die großen Schaden in Floridas Ökosystemen anrichten.

William R. Mohler auf einem Propellerboot in den Everglades

Als ich einen Ast zur Seite bog, konnte ich nicht glauben was ich sah: Auf einem umgestürzten Baum, der in ca. 15cm tiefen Wasser lag, aalte sich eine ausgewachsene Boa constrictor gelassen in der Sonne. Diese Bauminsel war mindestens zwei km von der nächsten Straße oder dem nächsten Damm entfernt. Deshalb war das Tiere entweder vor langer Zeit freigesetzt worden und hatte sich von der Neugierde getrieben auf den Weg zu dieser Bauminsel gemacht, oder es war von seinem Besitzer mit einem Propellerboot hierher gebracht worden.

Zuerst machte die Boa keinen Versuch zu flüchten, höchstwahrscheinlich weil sie fast eineinhalb mal so gross war wie ich. Aber seltsamerweise bewegte sie ihren Kopf in unsere Richtung,  als ob sie neugierig war, was wir auf ihrer Insel zu suchen hatten. Da es sich um einen Exoten handelte, entschied ich mich, das Tier aus seiner neuen Heimat wieder zu entfernen. Es wehrte sich schon ein wenig, aber nicht allzu viel.  Ich packte die Boa fest hinter dem Kopf am Hals und mit der Hilfe eines Kollegen verbrachten ich sie schließlich aus den Everglades.  Ich gab der Boa den Namen “Lucky” (die Glückliche) weil die Leute, mit denen ich arbeitete beauftragt waren, solche Tiere zu töten.

Ich habe Boa constrictors schon immer geliebt und hatte als Jugendlicher sogar einige Exemplare. Übrigens habe ich früher schon einmal solche Tiere in der Wildnis des sonnigen Südflorida gefunden.  Als ich 13 Jahre alt war, stießen meine Freunde und ich auf 6 oder 8 sehr kleine Exemplare, die im Gras entlang des Kanals in Davie, Florida lagen.  Damals haben wir angenommen, dass diese Schlangen von ihrem unverantwortlichen Halter ausgesetzt worden sind. Aber wenn ich auf das Szenario zurückblicke, kann ich mir schon die Mutter dieser Schlangen vorstellen, wie sie ganz in der Nähe regungslos auf einer Australischen Pinie (die wie ich hier einfügen möchte ebenfalls eine invasive Spezies hier in Florida ist) darauf warten, dass ein ahnungsloser Singvogel in ihre Reichweite gerät.

Die Everglades

Es ist schwer, die Sichtung einer Boa constrictor in the Everglades zu verstehen. Ich dachte mir vielleicht, ich würde einmal einen Tigerpython oder einen Netzpython sehen, weil Sichtungen solcher Schlangen schon mehrmals bestätigt wurden.

Deshalb werde ich auch häufig gefragt, ob ich schon auf viele Tigerpythons gestoßen bin, wenn ich die Everglades Bauminseln im Wasserschutzgebiet 3A and 3B in den Landkreisen Broward, Dade, und Monroe untersuche. Ich vermute, die Leute denken, dass es eine sehr große Anzahl von Pythons in den Glades gibt, weil die Nachrichten voll davon sind. Ich bin schon auf vielen Bauminseln gewesen, aber das war das erste Mal, dass ich eine große Constrictor gesehen habe.  Vielleicht sind die Schlangen weiter im Süden als da wo ich arbeite, in den Gegenden wo eher tropisches Klima herrscht.

Diese 2.5m lange Boa in den Florida Everglades aufzufinden und zu fangen war Wahnsinn!

Jedenfalls braucht nicht erwähnt zu werden, dass die Sache ein Problem darstellt. Dieses spezielle Exemplar war derartig groß und fett, dass ich annehmen muß, dass es sehr gut gefressen hatte. Die Anzahl der Wasser- und Singvögel, welche die Boa seit ihrer Freilassung vertilgte, war sicherlich enorm. Das ist ein ernstes Problem für die Ökologie der Everglades. Es gibt dort keine natürlichen Feinde für solchen invasiven exotischen Schlangen. Deshalb entsteht hier eine sehr bedenkliche Situation...

Dank meines Kollegen und Freundes Craig konnten wir das Tier aus den Glades wegbringen, wo es nicht hingehört, obwohl es so zufrieden aussah, als es auf seiner eigenen privaten Bauminsel saß.